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AUSFLUG IN DEN MENSCHENPARK

Menschenpark 1 - © Andreas Hartmann
Menschenpark 2 - © Andreas Hartmann
Menschenpark 3 - © Andreas Hartmann
Menschenpark 4 - © Andreas Hartmann

Sieben Jahre nachdem Peter Sloterdijk neue Regeln für den Menschenpark und explizite Merkmalsplanung durch Eliten gefordert hat, sind die Fragen nach dem Erhalt des Gesellschaftlichen, nach dem Entstehen von Moral und nach gemeinsamen Grundlagen brennender denn je. ,,Ausflug in den Menschenpark" wirft einen kindlichen Blick in das Terrarium menschlichen Lernens. Was müssen, sollen und wollen wir lernen und wo sind wir Tier geblieben? Auf der Grundlage der „Häschenschule“ von Albert Sixtus begeben sich die Zuschauer auf eine theatrale Achterbahnfahrt durch die Erziehungmodelle der Gegenwart. Acht Hasen berichten und spielen ihren gefährlichen Häschenalltag vom täglichen Fressen und Gefressenwerden. 

 

CREDITS

Regie: Uli Jäckle | Musik: Roman Keller| Kostüme: Elena Anatolevna|Dramaturgie: Katrin Hentschel|

von und mit: Irene Eichenberger, Rebecca Klingenberg, Melanie Lüninghöner, Dorothee Metz, Luzia Schelling, Vanessa Falk, Florian Brandhorst, Oliver Dressel, Ueli Schweitzer und Lucia Schreiber

Koproduktion mit dem Theater Freiburg. Gefördert durch das Land Niedersachsen

 

TERMINE

  •     Jan. 2009 | Theater TaK Liechtenstein

  •     Aug. 2007 | Audimax der Universität Hildesheim

  •     Jan. – Apr. 2007 | Theater Freiburg/Audimax Universität Freiburg

  •     13. Jan. 2007 | Theater Freiburg/Audimax Universität Freiburg | Premiere

 

PRESSESTIMMEN

EIN EINFALL VON BARBAREN Das Freiburger Theater unter der neuen Intendanz von Barbara Mundel holt zum wunderbaren Doppelschlag aus

(...) "Ausflug in den Menschenpark, in Anlehnung an Sloterdijks enervierende Humanismus-Rede von 1999, ist eine knatternde satirische Unternehmung, die Menschenaufzucht mit der berühmten Häschenschule vergleicht. Mit Zitaten aus dem gleichnamigen Kinderbuchklassiker und feinsinnigen Analogien, Knigges Manierenparagraphen und dem Bestseller "Lob der Disziplin" von Bernhard Bueb (ehemaliger Leiter des Salem-Internats) entnommen: "Jede Generation von Babies gleicht einem Einfall von Barbaren. Ihnen mangelt es an Kultur, Einsichtsfähigkeit und Disziplin..."

Die Forderung nach Autorität ist eine immergestrige, scheint es, sie ist nicht neu, es lohnt sich, sofern man Hase ist, sich ihr zu widersetzen. So darf in Freiburgs größtem Hörsaal, mit lustigen Schneidezähnen, aufgesetzten Hasenohren und putzigen weißen Büscheln am Hinterteil, heftig gerammelt und geschmatzt werden, sobald die Unterrichtsstunde (wieviele Hasen muss der etwas langsamere Hase auf einer mittelgroßen Wiese schlagen, um dem schnelleren Fuchs zu entkommen?) beendet ist. Die Häschenschule verwandelt sich in eine eine derbe kurzweilige Hasensession, ein feuchter Diskurs von dem der Hase in uns noch lange profitieren wird.

In welcher Zukunft wollen wir leben? Das ist die komplexe Frage, der sich das Theater Freiburg mit seinem ersten Spielplan stellen möchte. Und die es mit einem schönen Doppelschlag in zwei stürmisch-warmen Januarnächten in ein gleißendes Licht gerückt hat. Es sieht so aus, als ob sich etwas bewegt in der Stadt. Ein Glück ist es bestimmt, ein kurzes vielleicht nur, aber wer weiß das schon."
Uli Hermann, Frankfurter Rundschau, 16.01.2007

 

DIE HASEN SIND ÜBERALL - DIE JÄGER AUCH

(...) Als "Eine pädagogische Expedition" bezeichnet Uli Jäckle seinen von der berüchtigten Elmauer Rede des Philosophen Peter Sloterdijk  ("Regeln für den Menschenpark") inspirierten ungewöhnlichen Theaterabend, der das Theater Freiburg alsbald sinnfällig in Richtung Universität verläßt. Sloterdijk hatte in einem seiner bekannten Schnelldurchgänge durch die Menschheitsgeschichte den Humanismus im Licht Heideggers und der Finsternis Nietzsches als Zähmung und Züchtung des Menschen beschrieben. Die Ankündigung, dass die Albert-Ludwigs-Universität ihr Audimax zur Verfügung gestellt habe, ließ nun Schlimmes befürchten. Aber es kam ganz anders: Statt einer reflexionsschwangeren Performance zaubert der Leiter des Hildesheimer Off-Theaters ASPIK teils hintergründig witzige, teils skurril slapstickhafte Variationen auf die "Häschenschule" in die gute Stube der Alma Mater. Dass der runde Vortragssaal mit seinen ansteigenden Stuhlreihen - die Zuschauer sitzen an der Stirnseite im Rücken des natürlich nicht vorhandenen Rednerpults - dabei fast wie ein Bühnenbild von Anna Viebrock wirkt, ist eine Leistung für sich, die unterstützt wird durch Elena Anatolevnas Kostüme. (...) Tür auf, Tür zu, Tür auf, Tür zu: Die SchülerInnen nehmen eineR nach dem andern im weiten Rund ihre Plätze ein. Die Zähmungsprozedur kann beginnen - und die Fallhöhe zwischen über Lautsprecher eingespielten Sätzen wie "Das Wechselspiel von Zwang und Freiheit begleitet den Menschen ein Leben lang" und Kalauern wie "Die Dachse des Bösen" ist ziemlich groß.

Das macht aber nichts - im Gegenteil. Gerade aus diesen Brüchen bezieht das ausnahmslos fabelhafte Ensemble seine sprühende Spielenergie. Dass ein dröger Raum wie das Autditorium Maximum phantasievoll bespielt werden kann: Wer hätte das gedacht? Die neun Hasen (und dann auch wieder Nichthasen) sind dank der überbordenden chorographischen Einfälle überall: sitzen in der letzten und geschlossen in der ersten Bank, laufen über die Schreibpulte, rammeln zwischen den Sitzen, formieren sich zur Hasenparade mit Puschen, verschwinden blitzschnell von der Bildfläche, um aus der Tiefe des Untergrunds zerfetzte Salatblätter in die Luft zu schleudern (die Übung heißt "Salat im Quadrat mit Möhrendiagonale") oder um sich vor dem bösen Jäger zu verstecken.

Sie lernen bei Lampenschein verbissen bis zur Erschöpfung ("Was ein Hase alles können muss!"), sinnieren über den Sinn ihres Erdendaseins ("Hätte ich etwas anderes werden können als ein Hase? Ein Igel?"), lernen die Schöpfungsgeschichte ("Am Anfang war der Acker öd und leer") und fühlen sich manchmal ziemlich einsam und verloren. Ganz menschlich eben.

Und wenn das pädagogische Zurichtungs- (oder: Zähmungs-)Angebot unserer Tage von A bis Z heruntergerasselt wird, kann einem schon vom bloßen Zuhören schwindlig werden. "Ich will an die Uni! Ich will an die Uni!" skandiert die Hasenrunde ekstatisch. Da sind wir ja schon. So subversiv schön kann es im Audimax sein. Nicht zu glauben."
Bettina Schulte, Badische Zeitung, 15.01.2007

 

SALAT IM QUADRAT - Bildungserlebnis mit Hasen

Eins vorab: es sloterdijkt bei diesem "Ausflug in den Menschenpark" erfreulich wenig (...) Für Uli Jäckle war das Spielzeitmotto sichtlich kein Korsett, sondern Inspiration. Die Hasenstunde, die in den nächsten 60 Minuten abgehalten wird, ist eine Lehreinheit im Humanisierungsprozess, derweil die sloterdijksche Verhaustierung des Menschen durch vorstehende Zähne, Hasenohren und Blume, charaktermäßig differenziert, voranschreitet. Die offenkundigen Ähnlichkeiten zwischen Hasen- und Menschenwelt ist manchen Kalauer wert, und es macht Spaß zu sehen, wie Jäckle und das Ensemble mit dem Raum und dessen Tiefe mit allen Konnotationen umgehen und wie spielfreudig sie sich zeigen. Da wird in der Mathematikstunde Salat im Quadrat gelehrt, die Konkurrentin schon mal als Dorfmatratze bezeichnet und auf den Bänken stehend eine Cheerleadernummer mit weißen Plüschpüscheln gegeben. Wenn einer der Hasen, perfekt choreographiert, alle Gesten des Hasenlebens nachahmt, sind die kindlichen Ängste von Rebecca Klingenbergs Häsin längst unter den Tisch gefallen. Am Ende jedoch gibt es gefüllten Hasenbraten. Wer eben noch lange Ohren trug, ist nun am Beseitigen der Schrotkugeln interessiert. Es ist nicht das erste Mal, dass der Mensch sein Eigenstes verzehrt.

AH, Kulturjournal, 1/07

 

"Die hemmungslose Farce verbindet das quirlige Chaos einer Bugs-Bunny-Show mit galliger Satire auf Konformismus und Leistungsdruck. (...) Die eigentümliche Bühne wird brillant genutzt für eine mitreißende Attacke gegen alle autoritären Systeme."

Hildesheimer Allgemeine